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Radio machen ist eine wunderbare Sache. Für eine gute Radiogeschichte braucht man nur ein kleines Aufnahmegerät
in der Hand und einen Notizblock samt Stift in der Tasche, das ist das ganze Arbeitszeug.
Bilder entstehen trotzdem, jede gute Radioreportage erzeugt sie mit Texten und Tönen im Kopf des Hörers.
Bilder von großer Suggestion und Verlockung, weil sich ein jeder die eigenen ausmalt.
Immer am Kanal entlang .....
Mit dem Rad unterwegs an Frankreichs legendärer Wasserstraße.
Der Canal du Midi verläuft über 24o Kilometer durch Frankreichs Südwesten, von Toulouse bis zum Étang de Thau, einer Lagune mit Zugang zum Mittelmeer. Schon den Römern schwebte ein künstlicher Wasserweg als Verbindung vom Atlantik bei Bordeaux bis hinunter zur Südküste Galliens vor. Aber wie alle Ingenieure nach ihnen scheiterten sie am Wassermangel des Landstrichs. Bis im 17. Jahrhundert ein wohlhabender Steuereinnehmer namens Pierre Paul Riquet nach jahrelangen Untersuchungen und Berechnungen eine Lösung fand. MediaStoria ist den legendären Kanal mit dem Rad abgefahren .....
Die alten Frachtkähne auf dem Canal du Midi wurden längst zu Wohnbooten und Hotelschiffen umgebaut, Anfang der 199oer Jahre ging die Geschichte des Warentransports auf dem Kanal zu Ende. Heute ist er vor allem ein Eldorado für Freizeitkapitäne und Mietboote und - als UNESCO-Weltkulturerbe mit all seinen Schleusen, Brücken und sogar einem Schiffstunnel - ein Touristenmagnet ersten Ranges.
Wer mit dem Mietboot den Canal du Midi befährt, hat es in der Regel nicht eilig - die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bewegt sich ohnehin unter zehn Stundenkilometern. Die Wartezeiten in den vielen Schleusen sorgen für weitere Entschleunigung. Als der Kanal im 17. Jahrhundert gebaut wurde, verkürzte er die Transportwege in Frankreichs Süden um nahezu dreitausend Kilometer und mehrere Wochen - er ersparte die gefährliche und teure Schiffspassage um die gesamte iberische Halbinsel herum.
Ist es nicht seltsam, jeder kennt Gustave Eiffel und seinen Eiffelturm ..... aber wer kennt Pierre Paul Riquet? Dabei hat er den Canal du Midi erschaffen, sein Lebenswerk. Riquet, ein Mann des 17. Jahrhunderts, kein studierter Ingenieur, kein Wissenschaftler, aber genial und besessen von der Idee, Frankreichs Küsten zu verbinden: von Bordeaux am Atlantik die Garonne flußaufwärts bis Toulouse, und dann über seinen Kanal zum Mittelmeer. Links eine Plakette mit dem Porträt Riquets am Staudamm von St. Ferréol, rechts sein Denkmal in seiner Vaterstadt Béziers ..... natürlich hat es den Ehrenplatz in den Allées Riquet!
Ein kühler, grüner Tunnel, selbst an heißen Tagen. Der Canal du Midi war einst gesäumt von abertausend riesigen Platanen. Die meisten mussten in den letzten Jahren gefällt werden, ein eingeschleppter Pilz hat sie zum Absterben gebracht. Hier und da sieht man noch ihre traurigen Stümpfe am Ufer.
Nicht in all den kleinen Orten entlang des Kanals findet man ein Quartier. Auf gut Glück einfach loszuradeln, birgt ein gewisses Restrisiko ..... manchmal gibt es nicht einmal eine Bar oder einen Laden.
Vorsicht vor herabstürzenden morschen Ästen, warnt das Schild. Besonders bei starkem Wind ..... der Wind ist hier meistens stark und böig.
Kleiner Abstecher in das mittelalterliche Städtchen Revel mit seiner hölzernen Markthalle und dem gedrungenen Glockenturm. Dort am Marktplatz (in dem schönen Eckhaus mit dem Baum davor) wohnte über Jahre auch Pierre Paul Riquet und erkundete gemeinsam mit einem Brunnenbauer zu Pferd und zu Fuß das Land, immer auf der Suche nach Wasserquellen, die er für seinen erträumten Kanal anzapfen oder umleiten könnte.
Beliebtes Etappenziel für Boots- und Radfahrer und, ja: auch für Wanderer entlang des Kanals - die Kleinstadt Castelnaudary mit Bootshafen und See. Belebt, aber nicht überlaufen .....
Mit Abstand das meistbesuchte Ziel am Kanal: die mittelalterliche Burganlage von Carcassonne. Besonders seit sie zahlreichen Filmen als Kulisse gedient hat (unter anderem Robin Hood mit Kevin Costner), wird die Burg alljährlich von über zwei Millionen Besuchern gestürmt .....
Willkommen im Paradies für Ritterkitsch, willkommen in Carcassonne. Es ist hier immer ziemlich voll, aber für die Monate Juli und August warnen inzwischen sogar Touristiker vor einem Besuch. Klarer Fall von Overtourism.
Die berühmte neunstufige Schleusentreppe von Fonseranes - wie der gesamte Canal du Midi als Weltkulturerbe gelistet. In der Hochsaison stauen sich die Boote ober- und unterhalb der Anlage manchmal einen halben Tag lang. Und die wunderschöne Schiffsbrücke über den Fluß Orb - Schleusentreppe und Brücke liegen beide unmittelbar zu Füssen der Stadt Béziers.
Der kleine Hafen von Marseillan am Étang de Thau. Hier ist die Heimat von Frankreichs ältester Wermutmarke - Noilly Prat.
In riesigen Fudern (mit bis zu vierhundert Hektolitern Fassungsvermögen) reift eine spezielle Mélange aus zwanzig und mehr Kräutern, Alkohol und Traubenmost. Küchenchefs in aller Welt verwenden den trockenen Noilly Prat in der traditionsreichen grünen Flasche zum Abschmecken von Fischgerichten und Saucen.
Der Étang de Thau, eine ausgedehnte Salzwasserlagune, ist berühmt für seine Austern. Besonders in- Bouzigues reihen sich die Anlegestege der Austernzüchter und der Restaurants einer hinter dem anderen.
Verdiente Belohnung auf der Schlussetappe: frische Austern aus dem Étang de Thau, dazu vielleicht ein kühles Gläschen Picpoul de Pinet ..... oder eben auch ein trockener Noilly Prat. Mit frischem schwarzen Pfeffer aus der Mühle schmecken die Austern besonders köstlich .....
Hier endet nach 24o Kilometern der Canal du Midi, am Leuchtturm von Les Onglous bei Marseillan. Früher durchquerten die Frachtkähne noch die Lagune, um bei Sète den Verladehafen mit Zugang zum Mittelmeer zu erreichen. Für Radfahrer heißt es auf den letzten Metern: bitte absteigen! Der Pfad führt über das Privatgelände einer Segel- und Surferschule. Adieu, Canal du Midi.
Hier noch einige nützliche Tipps in Sachen Canal du Midi ...
Unter den zahlreichen Webseiten zum Thema seien hier drei herausgegriffen, zwei offizielle und einen Blog bzw. ein privates
Webtagebuch. Alle Drei sind auf Deutsch geschrieben, informativ und nützlich, und erlauben das Weiterklicken zu etlichen Details
der Reise:
Man muss sicher nicht alle einhundertelf Orte besuchen, die Kay Walter für den Emons Verlag ausgesucht hat, aber sein Buch ist ein anregender Reisebegleiter - gute Texte, gute Bilder. Und außer den wirklichen Muss-Zielen am Kanal gibt Kay Walter eine ganze Reihe von Tipps, die zu oft recht versteckten Orten führen.
Wenn man dieses Buch in Frankreich findet (in den größeren Städten entlang des Kanals in einer guten Buchhandlung, häufig auch in den verschiedenen Offices de Tourisme) - unbedingt zugreifen! Es ist die schönste Erinnerung an eigene Erlebnisse und eine unwiderstehliche Verlockung, wenn man die Reise noch vor sich hat. Viele der Fotos und Aquarelle zeigen den Canal du Midi freilich, wie er vor dem vernichtenden Platanensterben aussah. Die Autoren sind Corinne Labat (Text), Robert Fuggetta (Aquarelle) und Guy Jungblut (Fotografie). Alles, was man über die Entstehung des Kanals wissen muss, über seinen "Vater" Pierre Paul Riquet, über die Geschichte seit der Einweihung Anno 168o - voilà, es findet sich in diesem wunderbaren Buch Le Canal du Midi (zweisprachige Ausgabe französisch/englisch) bei Éditions Empreinte.