Mediastoria - Radio Berichte

Radio machen ist eine wunderbare Sache. Für eine gute Radiogeschichte braucht man nur ein kleines Aufnahmegerät
in der Hand und einen Notizblock samt Stift in der Tasche, das ist das ganze Arbeitszeug.
Bilder entstehen trotzdem, jede gute Radioreportage erzeugt sie mit Texten und Tönen im Kopf des Hörers.
Bilder von großer Suggestion und Verlockung, weil sich ein jeder die eigenen ausmalt.

Middelburg - Sklavenhandel im alten Holland

Middelburg ist eine wunderschöne Stadt im Süden der Niederlande. Middelburg war zwar nie eine große Stadt, wohlhabend und einflußreich war sie dennoch: die wichtigsten Handelgesellschaften hatten hier ihr Hauptkontor. Und Middelburg baute gute Schiffe günstig und segelte der Konkurrenz voraus - der Konkurrenz im Sklavenhandel.
Im Frühjahr 2o14 habe ich das kleine Museum von Juffureh im westafrikanischen Gambia besucht (nachzuhören und zu lesen auf dieser Homepage in der Rubrik ARCHIV unter: "Zu Besuch bei Kunta Kinte. Auf dem Fluss der Sklavenhändler."); in Juffureh hängt eine große Karte Europas an der Wand, die all jene Städte verzeichnet, die das Geschäft mit dem Menschenhandel betrieben - Lissabon und Sevilla, Bristol und Bordeaux, Antwerpen und Amsterdam, auch Kopenhagen und Stockholm: Sklavenhandel war ein beliebtes Investment der Epoche. Und unter all den großen Häfen auf dieser Karte ist auch das kleine Middelburg eingezeichnet. Für MediaStoria Grund genug, Middelburg nach langer Zeit wieder einmal zu besuchen, um bei Archivaren und Stadthistorikern die Hintergründe der Geschichte zu erfahren.

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Middelburgs stolzes Rathaus - prächtige Spätgotik, hoher Turm, zur Schau gestellter Wohlstand.


Luctor et emergo - Ich ringe und komme nach oben. Wahlspruch der niederländischen Provinz Zeeland, die einen großen Teil ihres Landes dem Meer abgerungen hat. Middelburg ist die Hauptstadt von Zeeland. Das Wappen zeigt einen niederländischen Löwen, bis zur Hüfte in den Wellen.		Wo heute Freizeitboote liegen, kamen einst die großen Segler von ihrer Amerikatour zurück, beladen mit Zucker, Tabak, Kaffee und Kakao. Um dann erneut nach Westafrika abzulegen, dort Sklaven einzuhandeln, die an die Plantagen in Südamerika und der Karibik verkauft wurden. Ein sauberes Geschäft. In Middelburg selbst tauchten Sklaven nur als Zahlen in den Log- und Kontobüchern der Handelsgesellschaften auf.

Dr. Peter Sijnke und Roosanne Goudbeek vom Zeeuws Archief, dem Archiv der Provinz Zeeland in Middelburg. Das Archiv hat eine einzigartige Webseite eingerichtet, auf der man Tag für Tag genau nach dem Logbuch die Sklavenfahrt des Seglers d'Eenigheid vom 1. Oktober 1761 bis zum 25. März 1763 mitverfolgen kann - es gibt eine englische Version:
www.atlanticslavetrade.org
und eine holländische:
eenigheid.slavenhandelmcc.nl


Der Hafen von Middelburg im 18. Jahrhundert, © Zeeuws Archief, Middelburg		Schiffe der Middelburgse Commercie Compagnie, © Zeeuws Archief, Middelburg

Das Sklaverei-Denkmal, in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Sitz der Middelburgse Commercie Compagnie, für die Sklavenhandel Teil der normalen Geschäftstätigkeit war.		Ed de Graaf (2. von rechts) hat die Namen der Häuser von Middelburg erforscht - viele von ihnen erzählen auf die eine oder andere Weise vom früheren Sklavenhandel. Ganz links stehen Anneke Ralf und ihr Mann Ferdinand Ralf, die sich früh für die Errichtung eines Sklavendenkmals eingesetzt haben. Auch dazu gibt es eine Webseite: www.stichtingmonumentmiddelburg.nl

Die Oostkerk mit ihrer Kuppel aus dem 17. Jahrhundert. In ihrer Nachbarschaft steht eines der Häuser mit beredtem Namen: de bogt van Guinee - die Bucht von Guinea. In Westafrika handelte man Menschen ein, um sie über den Atlantik nach Westen zu verschiffen und als Sklaven zu verkaufen.

Stille Winkel, alte Lagerhäuser und Kontore, am Wasser ehemalige Kapitäns- und Handelshäuser. Middelsburg Geschichte läßt sich an seinem Stadtbild ablesen - auch die Schrecken dieser Geschichte .....

Alle Fotos © Manfred E. Schuchmann